Sprach- und Stilkritik

Corinna schaut hin und hört zu.


2 Kommentare

E-Mail mit Stil – 3. Die Schlussformel: Nur in Hamburg sagt man Tschüss

Der elegante Abschied:

  1. Gar keine Schlussformel geht gar nicht.
  2. Haben wir mit „Sehr geehrte/Sehr geehrter …“ gestartet, schließen wir mit „Mit freundlichen Grüßen“. Viele verkürzen diese Formel, und je kürzer sie wird, desto weniger freundlich werden wir – dieses wird der Empfänger selbstverständlich auch bemerken. Beispielsweise „Freundliche Grüße“ ( = Na ja, ich will mal nicht so sein), gefolgt von „Grüße“ ( = Ich bin hier absolut im Stress und habe keine Zeit für Dich) oder gar das absolut unhöfliche und wie ein Ohrfeige wirkende „Gruß“ ( = Ich will eigentlich nichts mit Dir zu tun haben und habe Dir das nur geschrieben, weil der Chef das will; oder, noch schlimmer: Ich finde, Du bist inkompetent und meiner Zuwendung nicht wert). Ebenso beleidigend ist es übrigens, die Schlussformel abzukürzen: BG, LG oder gar das krude MfG.
  3. Haben wir mit „Liebe/Lieber …“ gestartet, ist der Spielraum größer – und es kommt auch darauf an, wie gut man sich schon kennt. Hier reicht die Palette der angemessenen höflichen Formeln von „Mit freundlichen Grüßen“ über „Herzliche Grüße“ oder „Herzlichst“ über „Viele Grüße“. Etwas merkwürdig mutet das neuerdings aufgetauchte und aus dem Englischen übernommene „Beste Grüße“ („With best regards“) an – gleichzeitig zu lässig und überheblich im Deutschen, wie ich finde. Man kann sich auch hier, um etwas kreativer zu sein, wieder mit Tageszeiten oder anderen Bezügen zur eigenen Realität behelfen: „Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend“ oder, wenn man in Hamburg wohnt, „Viele Grüße von der Alster“ oder montags „Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche“ behelfen. Einer meiner Kunden schreibt als Schlussformel immer „Glück auf!“. Das ist doch wirklich zugewandt und zaubert uns gleich ein Schmunzeln ins Gesicht.

 


Leave a comment

E-Mail mit Stil – 2. Die Anrede: Titel, Thesen, Temperamente oder Hallo, ich liebe dich nicht

„Ich empfinde es als höflich, einen Menschen, der mit mir kommuniziert, mit einem netten Gruß anzusprechen“, schreibt Jan Schaumann, Etikette-Trainer. (http://www.sueddeutsche.de/karriere/umgangsformen-im-buero-e-mail-ohne-anrede-der-chef-darf-das-1.1022713)

Ja, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, scheint für viele Menschen im E-Mail-Austausch keinen Wert zu haben. Von gar keiner Anrede („Im Alltag würde kaum jemand auf die Idee kommen, einen anderen Menschen grußlos anzusprechen, um ihm unmittelbar sein Anliegen mitzuteilen. Insofern sollte es das Mindestmaß an Umgangsformen in der schriftlichen Kommunikation bedeuten, eine Unterhaltung im weitesten Sinne ebenfalls damit zu eröffnen“, so Schaumann) bis zu umständlichen und falschen oder auch überhöflichen Formulierungen reicht die Palette. Deshalb:

      1. Gar keine Anrede geht gar nicht. Das ist absolut schlechtes Benehmen.

 

      1. Sehr geehrte Frau / Sehr geehrter Herr / Sehr geehrte Damen und Herren – ist die Standardformel, wenn wir zum ersten Mal Kontakt zu jemandem aufnehmen. „Lieber förmlich als zu vertraulich – Benutzen Sie die vertraulicheren Anredeformen nur bei Leuten, die Sie (…) gut kennen. Sonst ist die Unsicherheit zu groß, ob diese persönliche Art ankommt oder nicht“, empfiehlt auch Christoph Eichhorn. http://www.x-7.de/links/email-netiquette/richtige-anrede.html

 

      1. Liebe Frau / Lieber Herr – Im weiteren E-Mail-Austausch, wenn man sich „kennengelernt“ hat, ist es durchaus angebracht, einen persönlicheren Ton anzuschlagen. Viele Menschen mögen das „Liebe / Lieber“ aber nicht und führen das Argument an, man würde sich seinen Vorgesetzten, Kollegen oder Geschäftspartner ja nicht inniglich verbunden fühlen. Tatsächlich wird es ein wenig heikel, wenn man zum „Liebe / Lieber“ übergegangen ist – und es kommen eine unangenehme Job-Auseinandersetzung, ein Missverständnis oder gar Fehler, die man im geschäftlichen Austausch gemacht hat, dazwischen. Dann kann der Ton schon einmal frostig werden und von Lieb haben ist keine Rede mehr. Was tun? Vor allem im Intranet, wo sich Kollegen und Kolleginnen, die wir auch täglich in der Kantine, am Drucker oder am Waschbecken der Toilette treffen, per E-Mail austauschen, kann es peinlich werden. Ich rate: entweder nie zum Lieben übergehen und immer das Ehrenwerte wählen, denn hat man sich einmal lieb gehabt, kommt die Rückkehr zur Sachlichkeit nicht gut an. Oder strikt beim Lieben bleiben und den Konflikt alsbald telefonisch oder im persönlichen Gespräch klären.

 

      1. Hallo – Viele Stilratgeber für Geschäftskorrespondenz haben nichts gegen diese lässige Allerweltsbegrüßung. Ich rate dringend ab: „Hallo“ sage ich zu dem Nachbarshund, der die Nacht auf meiner Türmatte verbracht hat, oder mit einem Lächeln zu der Bäckereiverkäuferin, die mir das größte Stück Butterkuchen geben soll. Man sagt es auch zu Bekannten, die man auf der Straße trifft oder zu Freunden, die abends anrufen. In der geschäftlichen Korrespondenz hat es nichts zu suchen, weil wir mit Kollegen, Vorgesetzten, Dienstleistern und Kunden nicht befreundet sind. Denn „Hallo“ vermittelt nur eins: Du bist weder „geehrt“ noch „geliebt“ und ich befinde Dich gerade noch wert, Dich mit einem hilflosen „Ich-weiß-auch-nicht-wie-ich Dich-ansprechen-Soll“ zu beschenken. Da wir sprachlich begabte Wesen sind, bedienen wir und also einiger kreativer und viel passenderer Varianten. Z. B.:

 

      1. Guten Tag, Frau / Herr… oder andere Tageszeiten, zu denen wir gerade die E-Mail schreiben. Eine Variante, die ich gern verwende, ist, schon mit dem Inhaltlichen zu beginnen und in der ersten Zeile den Namen einzuflechten: „Ihr Hund hat wieder meine Türmatte vollgehaart, liebe Frau Meier, …“

 

      1. Damit sind wir schon bei den Namen unserer Adressaten – ganz schlechter Stil ist es, den Namen des Empfängers falsch zu schreiben, das kann durchaus beleidigend wirken, weil man kein echtes Interesse zeigt. Ob die Hundebesitzerin Meier, Maier, Mayer oder gar Meyer geschrieben wird, sollte man also unbedingt vor dem Absenden noch einmal überprüfen.

 

      1. Für viele Menschen undurchschaubar ist auch die Handhabung im Schriftverkehr mit Titeln und akademischen Graden. Für eine Person, die mehr als einen Titel hat wird nur der höchste Titel genutzt. Professorin Dr. vet. Meier wird mit „Sehr geehrte Frau Professorin“ angeschrieben. Bei der Anrede von mehreren Personen muss die Hierarchie beachtet werden. Genannt wird immer zuerst der/die Ranghöhere: „Sehr geehrte Frau Professorin Meier, sehr geehrte Frau Dr. Müller…“ Sind beide gleichgestellt, wird zuerst die Frau erwähnt. (http://www.knigge.de/themen/kommunikation/briefe-11616.htm) Grundsätzlich gilt: Für die korrekte Anrede spielen heute nur noch die akademischen Grade und Adelstitel eine Rolle. Berufs- und Funktionsbezeichnungen können wir weglassen.

 

 

 

 

 

 


Leave a comment

E-Mail mit Stil: 1. Die Betreffzeile – Übergewicht ist ungesund

Manche Leute meinen, dass sie jedwede Information gleich in die Betreffzeile pressen müssen, weil sie fürchten, man lese die eigentliche Mail erst gar nicht. Oft finden wir dieses Vorgehen in unserem Spam-Ordner, oder wenn jemand uns zum ersten Mal kontaktiert. Dieses „Alles-rein-was-geht“ ist nicht nur kontraproduktiv (meist löschen wir diese Mails tatsächlich sofort), sondern auch stillos und unhöflich. Haben wir ein seriöses Anliegen, schreiben wir das Wesentliche in maximal drei bis vier Schlagwörtern in die Betreffzeile und vertiefen unser Begehren in „italienischer Länge“ (S. Kapitel 7).

Ein Beispiel aus dem Lektoratsbüro: Ein Autor, dessen Roman ich zur Hälfte durchgearbeitet hatte, konnte es vor lauter Neugierde und Nervosität nicht mehr aushalten und wollte unbedingt wissen, wie meine Einschätzung seines Manuskripts ausfällt. Ich hatte aber im Vorgespräch ganz deutlich gemacht, dass er sich gedulden müsse, bis ich die letzte Seite lektoriert hätte – sonst könne ich gar kein umfassendes Urteil abgeben.

Die Betreffzeile seiner Verzweiflungsmail sah so aus:

„Hilfe! Ich bin so neugierig, ich kann nicht schlafen, können Sie mir bitte etwas zu meinem Roman sagen, vor allem zum 7. Kapitel, das war doch noch so unausgereift …“

Natürlich brach der Text ab, denn die Betreffzeile bietet nun einmal wenig Raum. Im eigentlichen Textfeld stand – nichts. Nicht einmal eine freundliche Anrede oder eine vertiefende Analyse seiner Missstimmung. So etwas forciert schlechte Stimmung beim Empfänger, und die Antwort wird höchstwahrscheinlich ziemlich unwirsch ausfallen.

Ausrufungszeichen, Inversalien und Emoticons haben in der Betreffzeile absolut nichts zu suchen, denn wer den Empfänger anbrüllt, muss damit rechnen, gleich aus dem Verteiler gelöscht zu werden.

Eine wirklich schöne Haltung zur Betreffzeile hat Heike Thormann

(http://www.kreativesdenken.com/artikel/e-mails-schreiben.html):

„Wenn Sie wollen, dass Ihre E-Mail ungelesen gelöscht wird, dann verzichten Sie auf die Betreffzeile oder füllen Sie sie mit Schlagworten wie „wichtig, neu, aktuell, hot.“ Oder man macht es so wie mein verzweifelter Autor. Und weiter schreibt sie: „Der Betreff entscheidet, ob ich eine E-Mail lese oder nicht. Der Betreff entscheidet, ob ich eine E-Mail wiederfinde oder nicht. Der Betreff entscheidet, ob ich eine E-Mail lösche oder nicht. Alles andere ist Notwehr.“

Thormanns Haltung zur Rechtschreibung ist allerdings denkwürdig: „Wenn Sie mit der NDR (neuen deutschen Rechtschreibung) auf Kriegsfuß stehen, dann verwenden Sie die alte ( … ). Aber verwenden Sie eine.“

So geht das natürlich nicht.


Leave a comment

E-Mail mit Stil

Jeden Tag bekommen wir nicht nur unfassbar viele Mails – die meisten davon müssen wir auch beantworten. Mails zu lesen und sich oft über ungenaue Angaben in der Betreffzeile, unfreundliche oder unpassende Anreden oder Schlussformeln, fehlerhafte oder nicht vorhandene Kontaktdaten, unleserliches Schriftbild oder zuhauf Orthografie- und Grammatikfehler zu ärgern, ist die eine Sache. Es aber selbst besser zu machen, ist eine andere.

Man kann sich natürlich einfach den entsprechenden Duden-Band zur Geschäftskorrespondenz anschaffen und sich intensiv mit der DIN 5008, die die Schreib- und Gestaltungsregeln für die Textverarbeitung festlegt, beschäftigen. Aber wer hat schon Zeit dafür? In den folgenden Wochen wird sich die Sprach- und Stilkritik deshalb diesen Themen widmen:

  1. Die Betreffzeile – Übergewicht ist ungesund
  2. Die Anrede: Titel, Thesen, Temperamente oder Hallo, ich liebe dich nicht
  3. Die Grußformel: Nur in Hamburg sagt man Tschüss